Texte und Zitate

 

 

Edgar  Stein , geboren 1965 in Straubing, lebt und arbeitet nach einem Kunststudium an der Akademie München bei Prof. Gerd Dengler in der Nähe von Straubing an der Donau. Neben Einzelausstellungen und Beteiligungen im Haus der Kunst München, in der Akademiegalerie München, im Cordonhaus Cham, im Bildungswerk der bayerischen Wirtschaft etc. fanden auch die üblichen, zahlreichen Präsentationen in kleineren Kulturzentren, in öffentl. Gebäuden und in Galerien im In- und Ausland statt.

Ankäufe von Werken erfolgten auch von öffentlichen Einrichtungen, darunter die bayerische Staatsgemäldesammlung (Pinakothek) München.

 

 Text von Ines Kohl 

Zielbewusst angepeilt: Entau 10 als Gesamtkunstwerk. Edgar Stein verwirklicht auf seinem Hof in Entau an der Donau in der Nähe von Straubing in Niederbayern Kunst als ein Lebenskonzept. Eine möglichst intakte Umwelt, für die der Mensch Sorge tragen muss, funktionales Gerät, das die Arbeit erleichtert und zur Bewusstmachung des Umfeldes beiträgt, Dinge, die sinnvoll und ästhetisch befriedigend sind und Genüsse, die zur Steigerung des Lebensgefühls beitragen: so einfach kann Leben als Gesamtkunstwerk beschaffen sein, wenn die Bedingungen und Produkte die praktischen und ästhetischen, kurz die Bedürfnisse nach Kultur im Alltag erfüllen. Hier lässt Beuys grüßen. Viel trägt dazu eine Lebensanschauung bei, die die Spreu vom Weizen trennt, die den oberflächlichen Verlockungen trendiger Designeraccessoires nichts abgewinnen kann und lieber auf Praktikabilität, Qualität und einwandfreie Herkunft von Produkten setzt.

Steins künstlerische Landschaftserfahrung begann mit dem Bau der Vierradnutzfahrzeuge, die erst dazu dienten, die Landschaft im Bereich der Donau zu erforschen, dann dazu, die ersten selbstgebauten Wasserfahrzeuge an den Fluss zu transportieren, worin wiederum die Verarbeitung der Uferlandschaft, des Stroms und seiner Zähmung durch den Menschen in graphischen Folgen ihren Niederschlag fand. Der Propeller, der den Künstler zu allen wichtigen Orten gebracht hat ist durch diese Aufgabe kunstwichtig geworden und verdient es, im Bild festgehalten zu werden.   Die Erweiterung dieser künstlerischen Arbeit an funktionalem Gerät und an der Dokumentation der Donau als Lebensraum eines Flusses zum Konzept, das auf das gesamte Leben angelegt ist, ergab sich dann aus dem Erwerb eines Vierseithofes hinter dem Donaudamm, Entau 10. Über Vierradfahrzeuge, Boote und von einem Mann noch zu bewältigende Transportkarren hinaus entstand, aus dem Konzept heraus und letztlich zwingend die Notwendigkeit, die sich nun bietenden Möglichkeiten zu nutzen. Und das natürlich wieder in Hinblick auf ein Konzept, das Leben als etwas betrachtet, das zu formen ist, also eine kulturelle Aufgabe,  die auch im Genuss ein kulturelles Gut sieht. 

Der Künstler Edgar Stein, der so seine Lebens- und Arbeitsumstände in ein Gesamtkonzept eingebunden hat, das eine grundlegende Qualität aller Dinge zur Basis hat, sei es die Qualität von Lebensmitteln, des natürlichen Umfeldes oder der Arbeitsgeräte, nach dem Prinzip einfach und funktional, pflegt nicht nur eine bodenständige, aber ausgefeilte Küche, sondern hat jetzt zusammen mit seiner Frau Doris Köppel die hauseigene Fruchtsektproduktion professionalisiert und auf den Markt gebracht. Stein versteht die Schaumweinproduktion naturgemäß als Teil seines Kunstkonzeptes. Die Kunst geht hier nicht nur durch den Magen, sondern auch durch die Kehle. Die Früchte sind selbstredend biologisch angebaut, handverlesen und mit höchster Sorgfalt verarbeitet. Vom Anbau bis zur Abfüllung in Flaschen mit Siebdrucketiketten, die als vollgültige  Druckgraphik gestaltet sind und so "Multiples" darstellen, wird jeder Schritt selbst ausgeführt. Es begann mit Hollersekt, die Hürden der Lebensmittelbürokratie verhinderten allerdings eine professionelle Hollersektproduktion.

Doch wenn Edgar Stein sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht er es durch  und seit einigen Jahren darf er sich "Niederbayerns erster Schaumweinherstellungsbetrieb" nennen. Inzwischen stellt er  Fruchtschaumweine von der Qualität trockener Sekte her, die ein Hochgenuß sind und den Geist beflügeln. Die Sorten Apfel, Birne, Quitte und Johannisbeere sind sozusagen die Basics, auf dem Steppelhof in Entau wird immer wieder mit Früchten und ihren Mischungen weiter experimentiert. Lediglich der Holler, der bleibt leider privat.

Gelegentlich finden Weinproben statt, bei denen die neuen Kreationen unter strengen Geschmackskriterien ins Visier genommen werden. Wer Kunst nicht für eine Luxusvariante von Kultur hält, sondern für einen wichtigen Teil des Lebens, dem müsste Steins Konzept eigentlich entgegenkommen.                                                                                                                   

 Ines Kohl, Januar 2003, ergänzt im Februar 2006

 

Weitere Stellungnahmen zum Werk

Die folgenden Zitate stammen zumeist aus Presseartikeln oder aus Texten in Ausstellungs- und Werkkatalogen.

"Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann erkläre den Männern nicht das Holz und die Nägel, sondern die Sehnsucht nach dem weiten Meer".   Edgar Steins  Leitspruch. Herkunft war damals  nicht bekannt, der Satz passte einfach zur Arbeitsweise und war auch nicht durch inflationären Gebrauch so abgedroschen wie heute. Ines Kohl hat mir  jedoch ein Zitat von Antoine de St. Exupery zukommen lassen, welches  lautet:

"Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und Arbeiten einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer."  Das passt auch heute noch.

"Auch das gehört zu den Faktoren, die den Reiz von E. Steins Arbeiten ausmachen. Die Dinge zeigen ihre Qualität darin, daß sie sich nicht überholen, sondern ihre Gültigkeit behalten."  Ines Kohl,1997

"Herrn Steins Fahrrad-Dinge haben den Vorzug des funktionierenden Dinges gegenüber dem nicht-funktionierendem Ding , und sie haben den Vorzug des schönen Dinges gegenüber dem nur-funktionierendem Ding"     Li Waj Tang im Gespräch mit Jorg Jorgensen, 1987

" Ein Stein´sches Tandem transportiert einen mutwilligen Ex-Fußgänger ebenso wie Platons Schönheitsbegriff..."   Li Wai Tang 1987

" Die Kombination der in ihre und neue Funktionen wieder eingesetzten "Ready-Mades" zu "sozialen" Geräten hat oft einen archaischen, etwas derben und handfesten Charakter. O. M. Grafs Beschreibung des "Charmes des Niederbayern" trifft dieses Phänomen überzeugend."   Prof. Gerd Dengler, 1988

"Das ist Deine eigentliche Kunst"    Prof. Heribert Sturm, ca. 1990 über die funktionalen Objekte

"Das geht ja schon mehr in eine künstlerische Richtung"    Ein Straubinger Angler beim Anblick eines Vierrades im Einsatz  ca.1996

"Und da er nicht nur Pragmatiker ist, sondern auch Künstler, setzt Edgar Stein mit dieser Produktion auf den Individualismus von Gleichgesinnten, die dem Leben mehr abgewinnen möchten als trendige Designerformen..."      Ines Kohl

"Kunst darf nicht nur im Museum auf ihrem Hintern hocken". Da haben die Pop-Künstler recht. Ich suche nach einem künstlerischen Weg zwischen deren oft recht schriller Clownerie und den zuweilen bierernst anmutenden Aktionen des Joseph Beuys. Ein Kunstkonzept, das den Menschen u.a. Obstsekt bietet, könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein."   E. Stein

Die Richtung hat sich als zweifellos richtig erwiesen. Auf verschieden Ausstellungen wie z.B. im Innovations u. Gründerzentrum Straubing haben die Obstschaumweine als konsequente Weiterentwicklung meiner Kunst der Landschaftserfahrung eine derart erfreuliche Akzeptanz beim Publikum erfahren, daß ich dem nunmehr auch öffentlich anerkannten Kunstanspruch durch eine Adelung der Flaschen in Form einer limitierten Auflage und persönlicher Signatur Rechnung trage.   Etikett und Flasche mit Inhalt bilden in den Multiples nun eine gleichwertige Einheit. Mit der in Anlehnung an meine druckgraphischen Werke vorgenommenen Auflagenbegrenzung kann ich den Objekten auch nach außen sichtbar den Stellenwert geben, den diese für mich persönlich schon lange haben. Natürlich denke ich auch wieder an Claes Oldenburg, wenn ich nun sage: "Ich bin für eine Kunst, die man als Verkehrsmittel nutzen kann, eine Kunst,die man im Supermarkt genauso findet wie in Galerien, die man mit einem lauten Knall aufmachen und dann trinken kann, die von den Lebensmittelbehörden kontrolliert wird, die so zum Leben gehört, daß man gar nicht mehr an eine Trennlinie zu ihr denkt."      E. Stein 2009